Das alles ist ein ganz
natürliches, selbsttätiges Geschehen, klar und einfach, und ist nicht an Petrus
gebunden, noch von ihm abhängig. Christus wollte und konnte einer
Gemeinde auch nur eine solche Überzeugung zu Grunde legen, nicht aber
eine Person! Petrus war nur gerade der, der es zuerst wirklich in Überzeugung
ausgesprochen hatte. Die Überzeugung bildete, formte, wurde der
Fels, nicht aber Petrus als Person!
Matthäus aber gibt dem Sinne der Antwort Christi nach seiner
eigenen Anschauung rein Persönliches, als nur Petrus betreffend. Gerade
Matthäus zeigt vieles missverstanden, was er dann in seiner Art verarbeitet, sorglos
weitergibt. Wie schon am Anfang seiner Niederschriften: Matthäus 1,21
(Verkündung des Engels an Josef):
»Und sie wird einen Sohn gebären, des Namen sollst Du
Jesus heißen; denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.«
Darauf folgert Matthäus weiter in Vers 22 und 23: »Das
ist aber alles geschehen, auf dass erfüllet würde, das der Herr durch den
Propheten gesagt hat, der da spricht: Siehe,
eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen
Namen Imanuel heißen, das ist verdolmetschet: Gott mit uns!«
Matthäus will hier die Prophezeiung von Jesaja erklärend
eng verbinden mit der Geburt des Gottessohnes, in einer Art, die allzudeutlich
zeigt, dass er in seinen Niederschriften nur die eigene persönliche Auffassung
sprechen lässt, also nicht sachlich bleibt.
Das hätte jedermann als Warnung dienen sollen, dass
diese Niederschriften nicht etwa als Gotteswort, sondern nur als persönliche
Anschauung des Verfassers angesehen werden dürfen! Matthäus sieht zum Beispiel
nicht einmal den Unterschied zwischen der Ankündigung durch Jesaja, die er
selbst anführt, und der des Engels, sondern mischt sie beide mit kindlicher Unschuld
ineinander, weil er es so »sich denkt«, ganz unbekümmert darum, ob es
auch richtig ist. Er sieht dabei nicht einmal, dass die darin genannten Namen
unterschiedlich sind.
Aber nicht ohne Zweck wurden sie ganz bestimmt
bezeichnet! Jesaja kündet »Imanuel«. Der Engel aber »Jesus«! Also ist es
nicht Imanuel, den Maria gebar, und deshalb auch nicht der, von dem Jesaja
kündet!
Jesaja kündete »Imanuel«, den Menschensohn, der Engel
aber »Jesus«, den Gottessohn! Es sind dies deutlich zwei verschiedene
Ankündigungen, sie fordern zwei verschiedene Erfüllungen, die wiederum durch
zwei verschiedene Personen gebracht werden müssen. Eine Vermischung dieser
beiden Vorgänge ist unmöglich, sie kann auch nur mit absichtlichem menschlichem
Wollen unter Umgehung aller Grundlagen beibehalten werden. Matthäus hatte
keine üble Absicht dabei, es war lediglich die Niederschrift seiner einfachen
Anschauung in sorglosester Art. Dass er es verband, konnte ihm leicht
geschehen, da man damals mehr als heute der Erfüllungen von Verheißungen alter
Propheten harrte und sehnsüchtig darin lebte. Er ahnte nicht, welches Unheil
noch größeren Missverstehens daraus erwuchs.